2. Bauformen
2.1 Stapelbauform
Ein Piezostapel als Piezoelement besteht aus einer großen Anzahl durchkontaktierter piezokeramischer Scheiben. Die Elektroden befinden sich auf beiden Seiten der Keramikscheiben und sind parallel miteinander verbunden. Piezostapel werden auch als Aktoren, piezoelektrische Aktoren oder piezoelektrische Umwandler bezeichnet. Der Piezoeffekt selbst hängt von der angelegten elektrischen Feldstärke ab.
Die maximale Dehnung eines Piezoaktors wird bei vorgegebenen Materialparametern im wesentlichen durch Sättigungseffekte und durch die Durchschlagsfestigkeit begrenzt. Die Abbruchspannung der Keramik begrenzt die maximal mögliche Feldstärke. Im Allgemeinen ist damit eine maximale Feldstärke von typ. 2kV/mm vorgegeben. Diese Feldstärke kann bei unterschiedlichen Dicken der Keramikscheiben mit unterschiedlichen Spannungen erreicht werden.
Um nicht mit sehr hohen Spannungen arbeiten zu müssen, wird eine Parallelschaltung mehrerer dünner piezokeramischer Scheiben verwendet, es entsteht der piezoelektrische, gestapelte Aktor oder Actuator oder einfach Piezostapel.
Beispiel 2
Ein aus 20 Scheiben, mit einer Dicke von 0,5mm, aufgebauter Aktor als Piezoelement hat eine Länge von ca. 10 mm und erreicht eine Dehnung von ca. 10µm. Die max. Arbeitsspannung beträgt 1 kV (Hochvoltaktor). Die Arbeitsspannung kann, aufgrund einer Verringerung der Scheibendicke verkleinert werden. Heute entwickelte Multilayeraktoren bestehen aus Keramikscheiben mit typischen Dicken ds < 100 µm und arbeiten mit Spannungen von typ. 130 V.
Beispiel 3
Für die oben genannte Dehnung von ca. 10 µm wird wiederum ein ca. 10 mm langer Aktor benötigt. Dieser besteht nun aus einer Parallelschaltung von 100 Scheiben mit einer Dicke von 100 µm. Die max. Arbeitsspannung ist niedriger geworden und beträgt 130 V (Niedervoltaktor). Durch die höhere Anzahl der Scheiben steigt die Kapazität des Aktors. Diese Eigenschaft ist bedeutend für dynamische Anwendungen. Technologisch ist die Herstellung der Multilayer- oder Niedervoltaktoren im Vergleich zu den traditionellen Hochvoltaktoren weitaus komplizierter. Um optimale mechanische und elektrische Eigenschaften zu erzielen (z.B. Steifigkeit) werden intensive Forschungsarbeiten durchgeführt. Ziel ist die Herstellung sogenannter monolithischer Aktoren, bei denen die Rohkeramik zusammen mit den Elektroden gesintert wird. Auf diese Weise wird der Aktor in einem System hergestellt. Dadurch besitzt der Aktor ähnliche Eigenschaften, wie eine Vollkeramik. piezosystem jena fertigt solche monolithischen Aktoren.
Piezostapel ohne und mit Vorspannung
Durch ihren Aufbau und das verwendete Material sind gestapelte Piezoaktoren mit sehr hohem Druck belastbar. Die Zugbelastbarkeit hingegen wird im Wesentlichen durch die Eigenschaften der verwendeten Klebstoffe zwischen den einzelnen Scheiben bestimmt und ist relativ gering (Abb. 2.1.2). Häufig werden die Aktoren laminiert, wofür man Klebstoff verwendet. Meistens wird die Zugfestigkeit durch den verwendeten Klebstoff begrenzt.
Die Zugbelastbarkeit kann erhöht werden, indem das Element intern oder extern durch eine Druckkraft vorgespannt wird. Der Aktor wird quasi „zusammengepresst“. Werden piezoelektrische Aktoren in dynamischen Applikationen eingesetzt, dann wirken sowohl Zug- als auch Druckkräfte, resultierend aus der Beschleunigung, auf die Keramik. Um Schäden an der Keramik zu vermeiden, sollte der Aktor mechanisch vorgespannt werden. (Abb. 2.1.2 Stapelaktoren mit und ohne mechanische Vorspannung).
Zudem verbessert eine mechanische Vorspannung das Verhältnis von Keramiklänge zum Querschnitt, was zu einer Verbesserung der Steifigkeit des Aktors und somit zu besserem dynamischen Verhalten führt. Die Höhe der Vorspannung wird typischerweise mit 1/10 der max. Druckbelastung gewählt und bestimmt damit die maximale Zugbelastung.
Wir empfehlen die Verwendung eines vorgespannten Aktors von piezosystem jena, wenn:
- Zugkräfte auf den Aktor wirken können
- sie in dynamischen Anwendungen eingesetzt werden
- Scherkräfte (Scherdehnung) auf den Aktor wirken (äußere Kräfte senkrecht zur Bewegungsrichtung)
Piezoaktoren ohne mechanische Vorspannung dürfen auf keinem Fall Zugkräften ausgesetzt werden. Sie müssen an ihrer Fußplatte gehaltert werden. Sie sollten zwischen den Endstücken der Keramik gehaltert werden. Die Endstücke dürfen nicht auf Kippung oder seitlich wirkende Kräfte beansprucht werden. Nur axial wirkende Kräfte sind zulässig.
2.2 Röhrenbauform
Bei diesem Aktor wird der transversale piezoelektrische Effekt genutzt. Die Röhren bestehen aus einer monolithischen Keramik, die auf der Innen- und Außenfläche metallisiert ist. Normalerweise wird die innere Oberfläche mit der positiven Spannung kontaktiert. Wenn ein elektrisches Feld an das Rohr Aktor, einer Kontraktion in der Richtung der Achse des Zylinders, als auch eine Kontraktion des Zylinders im Durchmesser, ergibt sich eine Abwärtsbewegung aufgebracht. Wenn die äußeren Elektroden geteilt sind, kann die Röhre als Bimorphelement arbeiten. Auf diese Weise ist es möglich, eine größere Seitwärtsbewegung erreichen. Piezotubes werden für Spiegelhalter, Spannmotoren, AFM (Atomkraftmikroskope) und STM-Mikroskopie verwendet.
Beispiel 4
Ein Piezoröhrchen mit einem Durchmesser von 10 mm, einer Wandstärke von 1 mm und einer Länge von 20 mm wird mit bis zu 1000 V angesteuert. Die Feldstärke beträgt 1 kV/mm, die damit erreichbare relative Kontraktion beträgt ca. 0,05 %. Bei der Gesamtlänge von 20 mm erhält man eine axiale Kontraktion l von ca. 10 µm. Gleichzeitig verkürzt sich der Umfang von 31,44 mm um ca. 15 µm, welches einer radialen Kontraktion von 4,7 µm entspricht.
2.3 Ringaktoren mit zentraler Öffnung
Ringaktoren entsprechen im Aufbau dem Design von Multilayer-Stapelaktoren. Sie verfügen aber über einen freien Innendurchmesser (Abb. 2.3.1), welcher z.B. das Durchführen von Strahlen oder kleinen Bauelementen ermöglicht. Hauptsächlich wird dieser Aktortyp im Bereich der Strahlmanipulation und in Laserresonatoren eingesetzt. Die mechanisch vorgespannten Ausführungen dieser Aktoren können dynamisch eingesetzt werden.
2.4 Bimorph-Elemente
Dieser Aktortyp besteht zumeist aus einem Substratmaterial (Trägermaterial), dass auf ein piezoelektrisches Material aufgebracht ist. Je nach Ausführung und Lage der Elektroden werden prinzipiell zwischen den Parallel- und Serienbimorph unterschieden.
Elektrisch stellt dieses Element eine Parallelschaltung zweier Kondensatoren dar. Während sich durch die Wahl der Betriebsspannung eine Seite des Bimorphelementes ausdehnt, wird die andere Seite so angesteuert, dass eine Kontraktion erfolgt. Die daraus resultierende Verbiegung kann eine Wegdifferenz bis zu einigen mm am Ende des Bimorphelementes ergeben.
Bimorphelemente weisen Resonanzfrequenzen von typ. 100 – 300 kHz auf, haben allerdings geringe Steifigkeiten und sind deshalb zur Übertragung von Kräften und Massen nur bedingt geeignet. Auf Grund ihrer Wirkungsweise vollführen sie keine saubere parallele Bewegung, sondern eine Biegung wie beim Bimetall.
Serienbimorph:
Beide Piezoelektrische Scheiben sind gegensinnig polarisiert. Nur die äußeren Elektroden werden angesteuert. Wenn in einer Scheibe eine Schrumpfung auftritt, wird die Andere sich ausdehnen. Elektrisch können beide Scheiben als zwei in Serie geschaltete Kondensatoren betrachtet werden.
Parallelbimorph:
Eine Metallplatte wird zwischen die beiden keramischen Platten gebracht. Beide Piezoscheiben sind gleichsinnig polarisiert. Die Verbiegung des Bimorphs vollzieht sich unter Anwendung von gegensinnigen Spannungen an die Elektroden. Zur Erhöhung der Steifigkeit werden Ausführungen mit Mittelblech angeboten.
2.5. Hybridbauweise
Ziel vieler Anwendungsfälle ist eine Verschiebung im Bereich 50 – 300 µm. Verwendet man gestapelte Aktoren, so ist für einen Weg von 300 µm eine Baulänge von ca. 30 cm erforderlich – unabhängig von der Wahl: Nieder- oder Hochvoltelement. Für die hochgenaue parallele Bewegung ergibt sich ein weiterer Nachteil: Durch die leicht unterschiedliche Ausdehnung einzelner Piezoscheiben ist eine genaue parallele Bewegung des Endstückes nicht gegeben.
Bimorphelemente realisieren zwar relativ große Wege, sind jedoch durch ihre Bewegungskurve und durch die geringe mögliche Belastung ungeeignet für hochgenaue Aufgaben.
piezosystem jena hat Konstruktionen entwickelt, die hochgenau parallele und gleichzeitig wegübersetzte Verschiebungen in mehreren Achsen ermöglichen. Dieses wird durch eine Kopplung von Hebelübersetzungen und Parallelogrammprinzipien erreicht (Abb. 2.5.1). Diese Systeme, auch als Festkörpergelenke/Federgelenke bezeichnet, sind zudem frei von mechanischem Spiel!
Die Drehpunkte A, B, C, D stellen Federgelenke dar. piezosystem jena verwendet monolithische Bauweisen, die Bewegung erfolgt durch Verbiegung von Festkörpergelenken.
Durch die rechtwinklige Konstruktion und die Gewindebohrungen ist es sehr einfach, diese Elemente mit normalen mechanischen Tischen zu kombinieren. Der Vorteil ist eine viel höhere Genauigkeit und eine ausgezeichnete Auflösung der Bewegung. Da die meisten dieser Elemente eine integrierte Vorspannung haben, sind sie für dynamische Bewegungen geeignet.
Piezoelemente haben auch bei Anforderungen, die von der Genauigkeit her mit mechanischen Systemen erfüllt werden, einen entscheidenden Vorteil: Durch die elektrische Wirkungsweise erfolgt der Justiervorgang ohne Krafteinwirkung auf die Vorrichtung (z.B. per Hand). Damit wird eine Verstimmung der Justierung nach Wegnahme dieser Krafteinwirkung ausgeschlossen (Faserkopplung).
Beispiel 5
Der miniTRITOR 38 ist ein Bauelement, welches bei einer max. Ansteuerspannung von 130 V eine Verschiebung von 38 µm in x-, y- und z-Richtung ermöglicht. Integrierte Festkörpergelenke im Parallelogrammdesign sichern eine spielfreie Parallelbewegung in drei zueinander senkrechten Achsen. Mit seinen Abmessungen von 19 mm x 19 mm x 16 mm setzt dieses Element neue Maßstäbe bei mehrdimensionalen piezoelektrischen Positioniersystemen. Ein weiteres bemerkenswertes Element ist der Verschiebetisch PX 400. Auch hier wird über Festkörpergelenke eine spielfreie parallele Bewegung von 400 µm! erreicht – bei Abmessungen von nur 52 mm x 48 mm x 20 mm! Dieses Element wird auch für dynamische Bewegungen eingesetzt.
Zum Vergleich: Ein Piezostapel der einen Hub von 400 µm gewährleisten soll, hätte eine Baulänge von 400 mm.
Piezoprinzip-Themen
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